literaturgeschichten | chronos | kommentar | publikationen | index | downloads | impressum |
blättern [zurück] [weiter] |
ÖDV 1993-1999
Vertragsabschluss mit einem Verag
Fünfzehn Tipps und Hinweise von Klaus Haberl
Eins
Prinzipiell herrscht in Österreich Vertragsfreiheit, also unbedingt alle Vereinbarungen schriftlich treffen. Üblich ist, dass alle im Vertrag vereinbarten Rechte und Pflichten, auch für die Rechtsnachfolger beider Vertragsparteien gelten. Der Vertrag ist von den Vertragspartnern rechtsgültig zu unterschreiben, der/die Autor/in hat eine Ausfertigung zu erhalten.
Zwei
Der/die Autor/In räumt dem Verlag zur treuhänderischen Vermittlung und Verwaltung das Recht des Vertriebes der bühnenmäßigen Aufführungsrechte an seinem Werk für den deutschsprachigen Raum ein.
Drei
Vertragsdauer: Verträge nicht auf Dauer der gesetzlichen Schutzfrist abschließen, denn die Rechte sind dann bis 70 Jahre nach dem Tod des/r Autors/in gebunden. Es ist anzuraten, den Vertrag zeitlich zu limitieren: auf z.B. zwei oder fünf Jahre.
Vier
Wichtig ist auch, dass im Vertragstext festgehalten ist, dass sich der Verlag verpflichtet, das Stück regelmäßig interessierten und geeigneten Bühnen anzubieten, sowie die Verpflichtung des Verlages, den/die Autor/in regelmäßig über seine Werbemaßnahmen und Verhandlungen zu informieren.
Fünf
Der Verlag übernimmt es, jeweils das erforderliche deutschsprachige Aufführungsmaterial herzustellen und an die Bühnen zu liefern. Außerdem im Vertragstext festhalten, dass sich der Verlag verpflichtet, in sämtlichen Informationsschriften (Kataloge etc.) deutlich auf das Stück hinzuweisen.
Sechs
Wichtig: zusätzlich den Passus: Aufführungsverträge für Ur- und Erstaufführungen des Stückes bedürfen der Zustimmung des Autors in den Vertragstext mit hineinnehmen. Speziell die Ur-, und Erstaufführung des Stückes kann von entscheidender Bedeutung für sein weiteres „Schicksal“ sein.
Sieben
Übertragung von weiteren Rechten an den Verlag: üblich ist, dass im Vertrag enthalten ist
a) das Recht der deutschsprachigen Verfilmung, einschließlich der Bearbeitung als Drehbuch sowie das Recht der Vorführung;
b) das Recht der Bearbeitung;
c) das Recht der Verwertung im deutschsprachigen Hörfunk und Fernsehen, Kabel- und Satellitenfernsehen, Bildplatten, Videokassetten, die Rechte für Magnetaufzeichnungen aller Art sowie für sämtliche Arten von Bild-, u. Tonübertragungen;
d) das Recht der deutschsprachigen mechanischen Vervielfältigung und Verbreitung, einschließlich der Publikationsrechte, sowie der Überspielung auf Tonband und andere Tonträger und das Recht der Übertragung auf Schall-CD-Platten;
e) sämtliche durch Verwertungsgesellschaften wahrgenommenen Rechte (sofern der/die Autor/in sie nicht selbst wahrnimmt).
Ratsam ist folgenden Passus in den Vertragstext aufzunehmen: Der Verlag wird Verträge nach a), b), c) und d) nur nach vorheriger Zustimmung des/r Autors/In abschließen.
Acht
Tantiemenzahlung: Auch hier gibt es keine gesetzlichen Bestimmungen. Der Verlag bekommt vom Theater, welches das Stück aufführt, in Österreich normalerweise 14% von den Kasseneinahmen (MwSt. wird dazugeschlagen). Es gibt allerdings Ausnahmen nach oben und unten. Es ist daher für den/die Autor/in nützlich, wenn er/sie über die Vereinbarung zwischen dem Theater und Verlag Bescheid weiß. Diese 14 % werden dann - nach einem vertraglich zu vereinbarenden Schlüssel - zwischen Verlag und Autor aufgeteilt.
Üblich ist, dass der aus einer Verwertung erzielte Nettoerlös im Verhältnis 30:70 zwischen Verlag und Autor/In aufgeteilt wird (30% für den Verlag, 70% für den/die Autor/in). Es gibt auch die Möglichkeit, den Schlüssel 25:75 auszumachen - ist wahrscheinlich schwierig, aber den Versuch wert.
Für Aufführungen im fremdsprachigen Ausland gilt üblicherweise die Aufteilung im Verhältnis 40:60; sollten von Seiten des Verlages im Ausland sogenannte Subverlagsrechte bestehen, ist der Verlag berechtigt, sich maximal 15 % der beim Subvertrieb eingehenden Erlöse abzuziehen.
Die Aufteilung des erzielten Nettoerlöses aus der Verwertung von sogenannten Nebenrechten - das sind Erlöse aus Verwertungen der oben angeführten Punkte a) bis e) ist ebenfalls freie Vereinbarungssache. Üblich ist sicher ein Schlüssel von 50:50, es ist jedoch durchaus möglich, das Verhältnis 15:85 auszumachen.
Die 14% Urheberabgabe des Theaters an den Verlag sind normal, es ist jedoch zu raten, sich ein Minimum (in Österreich liegt es derzeit bei ATS 660,-) zu sichern, also einen Pauschalbetrag pro Aufführung ohne Rücksicht auf die Besucherzahl.
Neun
Für Kinder- und Märchenstücke ist es branchenüblich, dass ein geringerer Satz für den/die Autor/In als 70% veranschlagt wird. Ich denke, darauf sollte man sich nicht unbedingt einlassen.
Zehn
Falls im Vertragstext vorgesehen ist, dass der Verlag auch berechtigt ist, das Stück im Rahmen von Laien-, Studenten- und Schüleraufführungen anzubieten, ist grundsätzlich zu überlegen, ob man das überhaupt möchte und wenn man sich dazu bereit erklärt, unbedingt im Vertrag festhalten, dass dies nur gegen Vereinbarung eines zu verhandelnden Pauschalhonorars möglich ist. Sollten an einem Stück zwei oder mehrere Urheber beteiligt sein, unbedingt jeder für sich extra einen Vertrag mit dem Verlag aushandeln.
Elf
Wenn ein Stück nicht verlegt ist und gespielt wird, muss der/die Autor/In selbst mit dem Theater verhandeln. Hier sich unbedingt auf die branchenüblichen 14 % (die sonst ein Verlag bekommt) berufen.
Zwölf
Abrechnungs- und Zahlungsmodalitäten: Auch hier gilt: unbedingt Vereinbarungen im Vertragstext festhalten.
Eine vernünftige Vereinbarung wäre, dass sich der Verlag verpflichtet, spätestens einen Monat nach Ablauf des Quartals über die Nettoeinnahmen im abgelaufenen Quartal mit dem/der Autor/in abzurechnen und den Erlös aus Einnahmen aus Aufführungsverträgen nach Abzug der Abgaben für die Neue Zentralstelle der Bühnenautoren und Verleger (das sind derzeit zwischen 1% und 1,3%) und seiner Provision (in Höhe des vertraglich vereinbarten Aufteilungsschlüssels) - an den/die Autor/In abzuführen. Zusätzlich rate ich, sich in den Vertrag hineinschreiben zu lassen: Der/die Autor/in ist berechtigt, in die Abrechnungen des Verlages Einsicht zu nehmen.
Dreizehn
Rechtsverfolgungen: Hier ist es ebenfalls ratsam, eine genaue Vereinbarung in den Vertragstext hineinzunehmen. Ein Passus wie: Der Verlag ist berechtigt, in eigenem Namen Rechtsverfolgungen wahrzunehmen. Der Verlag ist jedoch verpflichtet, dem/r Autor/In vorher die Absicht und die Gründe für die Rechtsverfolgung mitzuteilen. Gibt der/die Autor/In seine Zustimmung zur Rechtsverfolgung, tragen beide Parteien das Risiko zu gleichen Teilen (50:50). Lehnt der/die Autor/in die Rechtsverfolgung ab, trägt der Verlag das Risiko allein.
Vierzehn
Weitere Punkte und Hinweise, die von Wichtigkeit sein können:
a) Nicht unwesentlich ist die Auswahl des Verlages. Welcher Verlag ist für die Vertreibung meines Stückes geeignet?
b) Kontakt mit dem Verlag halten - den Verlag fordern.
c) Man hat von vornherein kein Recht, bei Proben dabei zu sein - wenn man das möchte, sich das Recht in den Vertrag schreiben lassen.
d) Falls es zu einer TV-Aufzeichnung einer Bühnenaufführung kommt, bedarf es der Zustimmung des Verlages. Man kann jedoch vertraglich festhalten lassen, dass es auch der Zustimmung des/r Autor(s)/in bedarf.
e) Wichtig: Es ist möglich, dass der Verlag sich vertraglich die Option auf das nächste Stück sichern will. Im Prinzip bedeutet Option nicht mehr, als dass der/die Autor/In sich verpflichtet, das Stück dem Verlag als erstes vorzulegen. Mit der Option ist noch nicht gegeben, dass damit die Vertragsbestimmungen vorhergehender Verträge übernommen werden. Jedoch zur Sicherheit in den Vertragstext hineinnehmen: Macht der Verlag von der Option Gebrauch, so ist ein gesonderter Vertrag zu erstellen. Falls man auf die Option eingeht, ebenfalls unbedingt schriftlich vereinbaren, dass der Verlag sich verpflichtet, dem/r Autor/In innerhalb von zwei Monaten Bescheid zu geben, ob er das Stück verlegen möchte.
f) Das Theater ist berechtigt, eine Seite Textauszug im Programmheft abzudrucken.
g) Falls eine Optionsvereinbarung zwischen Theater und Verlag besteht - also das Theater sichert sich Aufführungsrecht z.B. für nächste oder übernächste Saison - in diesem Fall muss das Theater für die Option an den Verlag bezahlen; hier ist es wichtig, schriftlich zu vereinbaren, dass der/die Autor/in daran im gleichen Verhältnis wie bei Tantiemenzahlung beteiligt ist.
h) Falls ein Theater oder ein Verlag den Auftrag gibt, ein Treatment und/oder ausgearbeitete Szenen vorzulegen: Unbedingt im vornehinein schriftlich vereinbaren, daß - wenn Theater oder Verlag die ausgeführte Arbeit nicht annimmt - ein Abgeltungshonorar zu bezahlen ist.
i) Die Unwirksamkeit einer Vertragsbestimmung berührt die Gültigkeit des restlichen Vertrages nicht. Ratsam, diesen Passus in den Vertragstext aufzunehmen.
j) Es ist üblich, dass der/die Autor/in vier Freikarten und vier sehr gute Normalpreiskarten zu einer Premiere von seinem/ihrem Stück erhält.
k) Um einen gewissen Urheberrechtsschutz zu haben, kann man das Werk im Werkregister der LVG, Literar Mechana, eintragen lassen. Die Adresse ist: 1060 Wien, Linke Wienzeile 18. Im übrigen immer vorsichtig sein, wenn man das Stück aus der Hand gibt.
l) Wenn man in einem Stück geschützte Musikeinspielungen verwendet, kassiert die AKM (Autoren, Komponisten, Musiker) beim Theater. Der/die Autor/In bekommt möglicherweise um das weniger Tantiemen.
m) § 29 des Urheberrechtsgesetztes: Falls ein Vertrag auf unbestimmte Zeit besteht und der Verlag innerhalb von fünf Jahren von seinem Werknutzungsrecht nicht Gebrauch macht, kann der/die Urheber/In - mittels eingeschriebenem Brief mit Fristsetzung - den Vertrag vorzeitig auflösen.
n) Falls man ein bestehendes Theaterstück als Grundlage benützt, um ein eigenes Stück daraus zu machen, bestehen erst dann keine Rechte mehr, wenn der/die betreffende Autor/In 70 Jahre tot ist.
o) Falls man dem Recht zur Übersetzung des Stückes zustimmt: sich absichern, dass der Verlag die Übersetzung auf eigene Kosten durchführen lässt. Die Tantiemen bei einer Aufführung der übersetzten Fassung sind um ca. 3 % reduziert.
p) Bei Beendigung eines Vertrages, ist der Verlag verpflichtet, noch bestehendes Aufführungsmaterial - gegen Erstattung noch nicht abgedeckter Herstellungskosten - an den/die Urheber/In abzuliefern.
Fünfzehn
Den Vertrag nicht gleich unterschreiben, ihn mit nach Hause nehmen, alle Klauseln genau lesen und studieren - sollte es Unklarheiten geben, unbedingt eine Beratung einholen!
blättern [zurück] [weiter] |
Redigierte Version von: Armin Anders (Hrg.) | ÖDV-Handbuch für DramatikerInnen und TheatermacherInnen
Edition Art Science / Wiener Theater, Band 1, Erstausgabe Dezember 2000
autor: armin anders | eingestellt: 29.6.2019 | zuletzt aktualisiert: 29.6.2019
index: [a] |
[b] |
[c] |
[d] |
[e] |
[f] |
[g] |
[h] |
[i] |
[j] |
[k] |
[l] |
[m] |
[n] |
[o] |
[p] |
[q] |
[r] |
[s] |
[t] |
[u] |
[v] |
[w] |
[x] |
[y] |
[z]
literaturgeschichten | chronos | kommentar | publikationen | index | downloads | impressum