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ÖDV 1993-1999
Vorwort
Die Geschichte der Österreichischen Dramatikerinnen Dramatiker Vereinigung (ÖDV) ist ohne Zweifel eine Erfolgsgeschichte. In den Jahren ihres Bestehens 1993 bis 1999 hat die ÖDV trotz minimaler Budgets eine vielfältige, konstruktive und attraktive Veranstaltungs-tätigkeit für ihre Mitglieder und die interessierte Öffentlichkeit gezeigt. Aber dies ist nicht der eigentliche Grund, warum Raimund Bahr – dem ich hiermit danke – und ich uns entschlossen haben, diesen ersten Band eines Handbuchs für DramatikerInnen und Theatermacher-Innen herauszugeben. Diese Dokumentation zeigt vielmehr (und einmal mehr) ein trauriges Bild der mehr als schwierigen Situation der österreichischen Gegenwartsdramatik, das, obwohl inzwischen schon einiges Wasser die Donau hinunter geflossen ist, leider immer noch als ebenso aktuell wie akut zu bezeichnen ist.
Vorangestellt haben wir eine Chronologie der Ereignisse, die sämtliche Veranstaltungen der ÖDV beinhaltet. Es ist kein Irrtum, dass diese nur bis 1997 reicht. 1998 nämlich begannen die inneren Zerwürfnisse, die – ein Jahr später dann auch im Vorstand fortgesetzt – sämtliche Aktivitäten der ÖDV – trotz fortgesetztem Engagement (eine Kooperation mit Theaterm.b.H hatte sich konkretisiert) – blockierte und letztlich zur Auflösung des Vereins per Generalversammlungs-Beschluss am 25. Mai 1999 geführt haben. Es ist hier nicht der Ort, auf diese beinahe zwei Jahre andauernden Konflikte einzugehen, auf die demagogischen, letztlich sich in Nichts auflösenden Vor- und Anwürfe. 1999 ist eine Organisations-Geschichte zu Ende gegangen, die zu einem großen Teil meine persönliche ist. Das ist zwar mit einer gewissen Traurigkeit verbunden, keineswegs aber mit Bitterkeit. In den Jahren 1993-1999 habe ich und alle mit mir im Umkreis der ÖDV Tätigen viele denkwürdige und vor allem eindrückliche Erfahrungen gemacht, die mich und uns noch heute – sowohl künstlerisch als auch persönlich – prägen und bestimmen. Auf die Chronologie folgen Texte, die zum großen Teil aus der Transkription der Podiumsgespräche bestehen. Diese Materialien zeigen, dass der Diskurs um das Verhältnis von Theater und AutorInnen ein ebenso langer wie konfliktbelasteter (wie manchmal ermüdender) ist; so Harald Kislinger (Autor) im Podiumsgespräch: Ich fühle mich eher als Zuhörer, der immer wieder registriert, dass in solchen Veranstaltungen immer wieder das Gleiche gesagt wird.
Unterhaltsam und informativ skizzieren Wolfgang Palka und Klaus Haberl danach in ihren Aufsätzen ihre Sicht auf die bestehenden Probleme zwischen den Theatern und den TheaterautorInnen und schreiben Grundsätzliches über den Entwurf eines gegenwärtigen Dramas und Theaters (mit anschließenden Anmerkungen über den sicheren Umgang mit Theaterverlagen und Verträgen allgemein).
Die Konzepte für die Förderung und Unterstützung österreichischer Gegenwartsdramatik werden nicht zum ersten und zum letzten Mal zur Sprache gebracht, ja sie liegen teilweise schon mehr als zwei Jahrzehnte in den Schubladen – und da liegen sie ist Österreich bekanntlich (nicht) gut. Sowohl die Theaterverantwortlichen als auch die Kulturpolitiker und -bürokraten verharren weiterhin in Schweigen und Tatenlosigkeit trotz der offensichtlichen Defizite. Ein Ministerialrat sagte einmal wörtlich, ein Dramatiker ist ein Autor und ein Autor gehört zur Abteilung Literatur in der Sektion Kunst des Bundeskanzleramt; soviel zum Schubladendenken höchster österreichischer Kulturbeamten und ihrer Kompetenz und Offenheit. Die Gespräche mit Kulturpolitikern und deren Vertretern in den letzten Jahren waren und sind noch ernüchternder. Allzu offensichtlich sind sie an Veränderungen, das Wort Reform will ich gar nicht in den Mund nehmen, nicht wirklich interessiert.
Die Territorien sind abgesteckt – und/oder v.a. von den KünstlerInnen und Kunst-FunktionärInnen der älteren Generation – und diese wollen (auch weiterhin) bedient werden. Die Chancen für die nächste(n) Generation(en) werden damit – wie die zu vergebenden Kulturbudgets – täglich kleiner. Ein gesamtgesellschaftliches Problem, das in seiner politischen Konsequenz voll auf den Kunst- und Kulturbereich durchschlägt.
Das Ende der ÖDV ist nicht nur Folge einer inneren Brüchigkeit (und urwienerischer Gemeinheit), sondern letztlich auch als Konsequenz einer Kulturpolitik zu lesen, die immer weniger bereit und gewillt war und ist, neue Initiativen zu fördern und diesen angemessene Chancen und Unterstützung zu geben, die für die vorangegangene Generation noch selbstverständlich waren. Das Fehlen einer aktiven und engagierten Kulturpolitik wird so zum schmerzlichen und folgereichen Faktum.
Resümee
Das siebenjährige Bestehen der Interessensvertretung zeichnet, mit all den im Umkreis ihrer Aktivitäten (Autoren-Theater-Enquete, DramatikerInnen-Werkstätte, DramatikerInnen-Kongress u.a.m.) entstandenen Dokumenten ein umfassendes Bild von der Situation und den Problemen der DramatikerInnen, insbesondere ihr ungeklärtes bzw. unproduktives Verhältnis zu den Theatern und den für diese Institutionen Verantwortlichen (Regisseure, Intendanten, Kulturpolitiker etc.), das auch (leider) heute noch tagtäglich seine Aktualität, ja Brisanz zeigt.
Nach wie vor gibt es kaum ein öffentliches Interesse daran, zeitgenössische österreichische Dramatik angemessen und ausreichend zu fördern. Obwohl seit langer Zeit – und auch das ist Inhalt dieser Dokumentation – die Konzepte auf dem Tisch liegen, wird so gut wie nichts getan. Unser Buch ist somit einerseits eine Art (wehmütiger) Rückblick, andererseits und gleichzeitig aber auch ein Dokument, das Mut machen soll für weitere, für neue kräftige Initiativen zur Förderung der österreichischen Dramatikerinnen und Dramatiker, denn diese muss und wird es hoffentlich geben (inzwischen ist meine Skepsis noch größer geworden).
Wenn man mich also nach all den Jahren des Engagements – der Erfolge und auch des Scheiterns – fragt, was man für die österreichischen DramatikerInnen tun soll, dann antworte ich mit Bertolt Brecht im Rücken: Geben Sie ihnen Geld!
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Redigierte Version von: Armin Anders (Hrg.) | ÖDV-Handbuch für DramatikerInnen und TheatermacherInnen
Edition Art Science / Wiener Theater, Band1, Erstausgabe Dezember 2000
autor: armin anders | eingestellt: 16.6.2017 | zuletzt aktualisiert: 16.6.2017
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