glattauer|darum

Zum Glück bin ich nicht depressiv

Manchmal sollte über ein Buch geschrieben werden, bevor es lesend zu Ende gebracht ist. Das tu ich hiermit. Mich heranschreiben an dieses Buch, das ich selbst gerne geschrieben hätte, wenn ich dazu in der Lage wäre und jetzt wo ich weiß, dass ich dazu niemals in der Lage sein würde, bin ich froh es zu lesen, gelesen zu haben, bis zu diesem Absatz: „Die gehobene Literatur war sich zu feinsinnig, um in gemeine Wachstuben hineinzuhorchen und auf Zwischentöne zu achten. Von der Polizei erwartete man sich keine Zwischentöne, da gab es nur O-Ton und Schweigen. Welcher Autor wusste schon, wovon er schrieb, wenn er versuchte, Anspannung und Langeweile von Polizisten bei Einvernahmen zu beschreiben? Wer von ihnen daß als Mordverdächtiger von ihnen an einem Tisch? […] Kein Schreiber kannte sie, keiner wollte mit ihr etwas zu tun haben, keiner wollte von ihr etwas wissen.“ (47-48)

Es ist ein wohltuendes Buch, denn der Schreiber erzählt nicht um der Sprache willen, er gibt mir Sätze, die mich berühren, die mich weiterdenken lassen, die mich herausfordern, die mir den Willen aufzwingen das Buch weiterlesen und an manchen Stellen weiterschreiben zu wollen, um herauszufinden, wie denn einer der schon nach vierzig Seiten als Mörder entlarvt und verhaftet wurde, am Ende eine Helena fragen kann: „Warst du schon einmal in Brasilien?“ (317)

Ich lese oft schon ein Stück vom Ende, um mich zu vergewissern, ob es sich lohnt weiterzulesen. In diesem Fall denke ich, lohnt es sich weiterzulesen, denn schließlich will ich herausfinden, warum der Protagonist immer wieder von sich behauptet, er sei glücklich, nicht depressiv zu sein und warum er einen Mann mit roter Jacke umbringt, der schwul ist.

Daniel Glattauer: Darum. Roman. München:Goldmann 2009¹¹. 317 Seiten.

eingestellt am: 8.4.2019 | zuletzt aktualisiert: 8.4.2019
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