[previous]
20.2007
[next]
20.200.731:0.959
Das Meer. Das Meer ist nicht der Ort, von dem ich abstamme. Das Meer ist der Ort, zu dem ich hinstrebe,
den ich meine geographische Heimat nenne. Seit Kindertagen ist das Meer in mir präsent.
Mit Pippi Langstrumpf hat es begonnen. [zum Eintrag]
20.200.730:1.412
Findet man in Österreich für ein Problem keine Lösung oder will man politisch für eine Entscheidung keine
Verantwortung übernehmen, dann setzt man eine Kommission ein. [zum Eintrag]
20.200.729:1.010
Peter Wawerzinek schreibt in seinem brillianten und poetischen Buch
Ich-Dylan-Ich: Das Meer,
immer wieder das Meer.
Wir brauchen das Brausen und Tönen des Meeres. Wir brauchen es jeden Tag und in voller Lautstärke. Wir wären ohne die wilden
Elemente in der Seele arm. Dem Meer verdanken wir unsere schöpferischen Kräfte. Das Meer und wir und die Dichtung.
[zum Eintrag]
20.200.728:0.715
Habe heute Jean Ziegkers Buch - Was ist so schlimm am Kapitalismus. Antworten auf die Fragen meiner Enkelin -
zu Ende gelesen. In wenigen Worten werden die Verheerungen, die der Kapitalismus anrichtet, auf den Punkt gebracht, leicht
verständlich, für jeden, der willig ist, nachvollziehbar. [zum Eintrag]
20.200.727:1.850
Jeder Tag hat sich in alle Tage verwandelt. In ein Karusellgeschwätz, aus dem das Leben wie ein Betrunkener
von der Pferdekutsche fällt. [zum Eintrag]
20.200.726:1.007
Adam Smith hat in seinem Buch Wohlstand der Nationen geschrieben: Der Einzelne ist stets darauf bedacht, herauszufinden,
wo er sein Kapital, über das er verfügen kann, so vorteilhaft wie nur irgend möglich einsetzen kann.
[zum Eintrag]
20.200.725:0.940
Ein Interview gehört, mit dem Verfasser des Kritischen Handbuchs der österreichischen Demokratie Reinhard Heinisch, einem Politologen
der Universität Salzburg. Darin sagt er sinngemäß, wenn die Menschen sich von der Politik nicht mehr vertreten fühlen, sich nicht mehr als Teil ihres Landes
begreifen, werden sie sich anders, ich würde erweitern, als erwartet, irratonal und unvernünftig
verhalten. [zum Eintrag]
20.200.724:0.716
Manche Menschen wissen genau, was sie nicht mögen, aber selten kann einer sagen, wie er leben möchte. Ich hatte immer
genaue Vorstellungen davon, was ich von meinem Leben und der
Gesellschaft erwarte. [zum Eintrag]
20.200.723:0.858
Mein Eintrag von gestern wirkt noch in mir nach.
Was bedeutet das Geschriebene für mich als Lehrer? Wenn ich als Lehrer dazu beitragen will, dass meine Schüler*innen zu aufgeklärten,
selbstständig denkenden und
handelnden Bürger*innen dieser Gesellschaft werden, dann reicht es nicht ihnen das Rüstzeug mitzugeben, das sie in die Lage versetzt,
ins Zentrum des gesellschaftlichen Wohlstandes vorzudringen. [zum Eintrag]
20.200.723:0.737
Die moralische Empörung von heute. [zum Eintrag]
20.200.722:1.645
Meinen Freund T. aus Wiener Zeiten getroffen. Aus vergangenen Tagen. Ein Teil des Gesprächs handelte von der kommenden Wienwahl,
die im Herbst ansteht. Den
Chancen linker Gruppierungen in den Landtag und Gemeinderat einzuziehen, Bezirksratsmandate zu gewinnen.
Ihre Zielsetzungen. Wie wichtig es sei, sich zu engagieren. [zum Eintrag]
20.200.721:0.715
Dieter Nuhr hat einmal sinngemäß gesagt: Jeder darf eine Meinung äußern, muss aber nicht.
Manchmal einfach Fresse halten. [zum Eintrag]
20.200.717:2.057
Habe ein Buch gelesen. Zum ersten Mal seit langer Zeit eines, das ich in einem Tag ausgelesen habe. Kaum abgesetzt. Immer weiter.
Angetrieben von der Geschichte. Was mich gefesselt hat, nie trat der Protagonist selbst auf. Immer wurde er aus der Ich-Perspektive der
anderen beschrieben. Dreißig Jahre eines Menschen auf achtundsiebzig Seiten. Einmal mehr der Beweis, dass es keiner umfangreichen Erzählung von
Banalitäten und Bedeutungslosigkeiten bedarf, um einen Menschen zum Leben zu erwecken und auch in der
Erinnerung lebendig zu erhalten. [zum Eintrag]
20.200.715:0.924
Kabarettistin sprach im Radio über ihr Leben, wie ihr ein Mentalcoach durch zwahlreiche Krisen geholfen habe. Ich rätselte, was denn ein
Mentalcoach sei. Bei meinen Recherchen stieß ich auf die Ausbildung zum/zur Mentaltrainer*in. Eine Seite weiter im virtuellen Universum dann die Lösung:
Es ist nichts weiter als die Schulung des positiven Denkens. Mein erster Gedanke: Dafür bezahlen die Menschen Geld? Andererseits dachte ich,
das ist wie mit Religionen: Wem es hilft, der solle Glauben, wonach es ihm gelüstet. [zum Eintrag]
20.200.714:0.651
Erste Sätze der Weltliteratur und was sie uns verraten, ist ein Buch von Peter-André Alt. Es fiel mir zufällig in unserer Schulbücherei in die
Hände. Ich schlug es auf und schmöckerte hinein, in der Hoffnung etwas zu finden, was mir die Magie erster Sätze vermittelt, von der ich immer
fasziniert war. [zum Eintrag]
20.200.713:0.758
Ich verzichte in meiner Lyrik auf Punkt und Komma, auf die Groß- und Kleinschreibung. [zum Eintrag]
20.200.712:0.918
Wo kommt dieses Bedürfnis her, sich mitteilen zu wollen? Sollte dieser Strom der Gedanken nicht längst versiegen, nach mehr als vierzig Jahren täglichem Notieren
von Gedanken und Texten? [zum Eintrag]
20.200.711:0.722
Es waren Schriftsteller wie Herrmann Hesse, Jean Paul Sartre, Albert Camus, Schriftstellerinnen wie Simone de Beauvoir oder Marlen Haushofer,
die mich in meinem Wunsch zu schreiben bestärkten. [zum Eintrag]
20.200.710:0.618
Warum sollten mich die persönlichen Einträge von Katrin Röggla: Letzte Woche ist mir was passiert. Eine verletzte oder kranke Katze
lag einen ganzen Tag verstört direkt vor meiner Tür, mehr interessieren als jener der dreizehnjährigen
Amy aus einem SOS Kinderdorf. [zum Eintrag]
20.200.709:0.616
Eintrag im Coronatagebuch von Thomas Stangl:
Welche meiner Einträge scheinen mir im Nachhinein dumm, falsch oder peinlich? Ich kann kein Tagebuch führen,
ohne dass Einträge mir im Nachhinein dumm, falsch oder peinlich erscheinen, meist erst nach Jahren oder Jahrzehnten;
manchmal aber auch nach Tagen oder Monaten. [zum Eintrag]
20.200.708:0.806
In den letzten Wochen wurden an allen Ecken und Enden Tagebücher publiziert. Persönliche und gesellschaftliche. Beobachtungen.
Bespiegelungen. Manche sprechen bereits von einem neuen Genre, dem Coronatagebuch. [zum Eintrag]
20.200.707:0.748
Für uns Babyboomer, die wir aus dem Uterus der Kriegskinder gekrochen sind, bedeutet dies, uns damit zu beschäftigen, wer wir sind,
woher wir kommen und was uns letztlich dazu befähigt, die kreative Zerstörungskraft des Kapitalismus nicht zu unterwandern,
sondern in zahlloser und vielfältiger Weise zu beschützen. [zum Eintrag]
20.200.706:0.529
Meine Verunnsicherung nach Abschluss eines Textes, vor allem bei längeren Erzählungen oder Romanen, rührt wahrscheinlich von meiner negativen
Schulerfahrung her. Sprachunterricht stempelte mich immer zum Versager. Latein. Englisch. Deutsch. Immer hielt ich mich für unbegabt,
eine dieser Sprachen regelkonform zu erlernen. [zum Eintrag]
20.200.705:1.401
Ich habe als Kind nicht viel gelesen. Ich weiß nicht einmal, ob ich überhaupt ein Kindheitsexistenz hatte, eine Kindeitsvita.
Etwas, das ich als mein Kindheits-Ich bezeichnen könnte. [zum Eintrag]
20.200.704:1.029
Wie in Kindertagen. Schmale Pfade führen zum Gesang der Vögel. Umwege sind sichtbar und die Abwege vorbereitet. Schmal. Beinahe undurchdringbar.
Ein Wald. Eine Lichtung. Ein Ausblick auf Hügelketten. In einen vielversprechenden Sommer. [zum Eintrag]
20.200.703:1.831
Die Welt ist in ihren Äußerlichkeiten geometrisch und mathematisch organisiert. [zum Eintrag]
20.200.703:1.531
Lese in den Literaturen, die von der Zeitschrift Cicero aufgekauft wurden, kurze Kommentare von Autoren und Autorinnen über ihre Leserfahrungen.
Das bringt mich ins Grübeln. [zum Eintrag]
20.200.702:0.633
Es herrscht Krieg, sagen sie. Und dennoch alles so still in unserem Frieden. Kein Donnergrollen. Über den Bergen ein lautloses
Blitzen. Regen zieht über den See. Ein Röhren. Der Hirsch markiert sein Revier. [zum Eintrag]
20.200.701:0.739
Schreiben und unterrichten haben vieles gemeinsam. Die unangenehmste Gemeinsamkeit ist die Ungewissheit, ob eine Text
oder eine Unterrichtsstunde gelungen ist. Manchmal fahre ich von der Schule nach Hause und spüre ein tiefes Unbehagen
darüber, dass es ein verlorener Tag für die Schüler und Schülerinnen gewesen sein könnte. [zum Eintrag]
[previous]
20.2007
[next]