Bücher müssen sein wie eine Axt für
das gefrorene Meer in uns.
Franz Kafka
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Textarchiv | Biographisches | Publikationen


Vorwort 2025

Im Jahr als uns die Pandemie heimsuchte, habe ich meine Webprojekt Literaturgeschichten neu gestaltet und geordnet. Nun fünf Jahre später, nach zahlreichen Publikationen und kurz vor meiner Pensionierung als Lehrer, möchte ich mein Webprojekt für den letzten Lebensabschnitt fit machen.

Aufgrund meiner biographischen Arbeiten zu zahlreichen Autorinnen und Autoren habe ich festgestellt, dass die Textproduktion ab dem siebzigsten Lebensjahr rapide abnimmt, vor allem wenn sie keine erzählerische Literatur produzieren, die meisten der Autor*innen leben nach der magischen siebziger Grenze schriftstellerisch von bereits erarbeiteten Materialien.

Mit meinem veränderten Webprojekt möchte ich diesem Umstand Rechnung tragen und habe nicht nur das Design, sondern auch den Aufbau den künftigen Lebensumständen angepasst. Die Präsentation der aktuellen Textproduktion tritt zugunsten der dokumentarischen und archivarischen Arbeit in den Hintergrund. Mein Journal betrachte ich im Grunde als abgeschlossen. Jedoch denke ich, dass es auch weiterhin einige Texte in diesem Format geben wird.

Den Kommentar als ursprüngliches Archivprojekt, das ich als Dachboden meiner Existenz, als Lagerraum, wo Abgelegtes sichtbar werden soll, das frühe Werk, das sich in mir angehäuft hat wie der berühmte Misthaufen Brechts, auf dem ein goldener Hahn krähen soll, eines Tages, beschrieben habe, gebe ich auf und integriere es in das zu erstellende, umfassende [Textarchiv]. Dieses ist chronologisch geordnet.

Der frühere Index, der einen alphabetischen Einblick in mein Textuniversum bieten sollte, wird auf Grund des immensen Aufwandes aufgegeben. Das Textarchiv übernimmt diese zentrale Aufgabe.

Im Bereich [Publikationen] sind alle auf Papier publizierten Bücher versammelt, für all jene, die doch vielleicht einmal das Wagnis eingehen wollen, einen Text in Papierform zu lesen.

Eine neue Rubrik stellt die [Zeittafel] dar, auf der kurzgefasst mein Leben in chronologisch geordneten Stationen zu finden ist.

Auch den Bereich Downloads habe ich aufgegeben, da ich mit dem Ende meiner Lehrtätigkeit auch aus dem gesellschaftlich produktiven Arbeitsprozess ausscheiden werde und meine gesamten Materialien an die Kolleginnen übergebe.

Letztlich versteht sich das Projekt Literaturgeschichten weiterhin als work in progress, als ein Projekt, das meinem Leben entspricht und wie mein Körper, an dem mein Leben hängt wie die Traube an der Rebe, eines Tages verwesen wird, denn kümmert sich niemand mehr um die digitale Adresse, wird sie zur virtuellen Grabstätte verkommen und irgendwann vom Netz genommen. In den digitalen Speichermedien meines Nachlasses wird dann eines Tages das Projekt Literaturgeschichten ein fruchtloses Dasein fristen, als virtuelles Zeichensystem eines weiterhin Unbrauchbaren und seiner Poeterey.



Vorwort 2020

Das Projekt Literaturgeschichten ist in die Jahre gekommen. Es wird Zeit für eine Refelxion. Ursprünglich war das Projekt als Dokumentationsprojekt der Literatur und seiner Märkte in Gegenwart und Vergangenheit gedacht. Es sollte die Ergebnisse meiner Dissertation sichtbar machen. Die Dissertation ist aus verschiedesten Gründen schon im Ansatz im Orkus der akademischen Wissenschaften verloren gegangen. Vegetiert als Fragment in den Eingeweiden meines digitalen Speichers dahin.

Was ist das Webprojekt Literaturgeschichten heute? Was es nicht ist: eine Werbefläche, ein Marketinginstrument, eine Seite, die letztlich dazu dienen soll, Aufmerksamkeit auf ein Produkt zu richten, um Einkommen zu generieren. Dieses Webprojekt versteht sich als ein lebendiger, künstlericher Kosmos, der mittels virtuller Codes aus meiner Werkstätte direkt in die Welt sendet.

Vor diesem Projekt gab es zahlreiche andere Versuche, einer firmierte unter dem Titel Textfabrikant und war mir wahrscheinlich vor fünfzehn Jahren das angemessenere Projekt. Aber der Mensch verändert sich und mit ihm seine künstlerische Existenz.

Für mich als Schreiber steht ja nicht mehr wie früher die Rezeption im Vordergrund, also vor allem gelesen zu werden, sondern der Schreibprozess und die radikale publizistische Auslieferung aller Texte, die bereits entstanden oder im Entstehen begriffen sind. Dafür habe ich zahlreiche Publikationstools entwickelt, die in diesem Webprojekt gleichberechtigt nebeneinander bestehen sollen.


Als zentrale Verteilerstelle dient der [Chronos]. Von ihm führen zahlreiche Wege in die digitale Tiefe des Projektes, in Gewesenes und Gegenwärtiges.

Das [Journal] gewährt einen Blick in mein alltägliches, gegenwärtiges Denken.

Der [Kommentar] ist das Archiv, der Dachboden meiner Existenz, der Lagerraum, wo Abgelegtes sichtbar werden soll, das frühe Werk, das sich in mir angehäuft hat wie der berühmte Misthaufen Brechts, auf dem ein goldener Hahn krähen soll, eines Tages.

Der [Index] soll einen alphabetischen Einblick in das Textuniversum bieten, jene Schneise schlagen, die mittlerweile schwer zu finden ist. Er stellt das Inhaltverzeichnis, mit einer umfangreichen Beschlagwortung dar.

Im Bereich [Publikationen] sind alle auf Papier publizierten Bücher versammelt, für all jene, die doch vielleicht einmal das Wagnis eingehen wollen, einen Text in Papierform zu lesen.

Unter [Downloads] finden sich Unterrichtsmaterialien, die ich im Laufe meiner Tätigkeit als Lehrer entwickelt habe.

Letztlich versteht sich das Projekt Literaturgeschichten als work in progress, ein Projekt, das meinem Leben entspricht und wie mein Körper, an dem mein Leben hängt wie die Traube an der Rebe, eines Tages verwesen wird, und wenn keiner mehr für die Grabstelle bezahlt, wird sie vom Netz genommen. In den digitalen Speichermedien meines Nachlasses wird dann eines Tages das Projekt Literaturgeschichten ein fruchtloses Dasein fristen, als virtuelles Zeichensystem eines [Unbrauchbaren] und seiner Poeterey.



Vorwort 2016

Das Projekt Literaturgeschichten beschäftigt sich mit unserer Zeit und unserer Epoche, denen wir uns allgemein zugehörig fühlen und denen unser grundlegendes Interesse gilt.

Uns erschienen und erscheinen weder die Formen der akademischen Germanistik noch die bestehenden Literaturinstitutionen alleine geeignet und ausreichend unsere Gegenwart, Geschichte und Zukunft zu vermitteln, insbesondere jene, an deren Produktion und Vermittlung wir uns nun seit mehr als dreißig Jahren intensiv und engagiert beteiligten.

Alle bisherigen von uns angewandten Strategien unser Denken, unser Schreiben, unsere Lektüren und letztlich unsere Literatur im Allgemeinen publizistisch abzubilden, sind bisher gescheitert.

Letztlich gaben die fundamentalen Widersprüche zwischen vielfältiger literarischer Prozessorientierung und marktkonformer und affirmativer akademischer Produktorientierung, den Ausschlag dafür, das akademische Projekt einer Literaturgeschichte zugunsten von sich entwickelnden prozessorientierten Literaturgeschichten aufzugeben. Wir orientieren uns dabei eben nicht am Endprodukt einer Art architektonischen Bauwerks, das sich an Konventionen, Regulativen und Ritualen abarbeitet, sondern an den Gelegenheiten zu Auseinandersetzungen, die keinem hierarchischen Konzept chronologischer oder inhaltlicher Ausrichtung folgen.

Wo sich die Gelegenheit eröffnet, Denken zur Sprache zu bringen, wollen wir sie nutzen, wollen wir künstlerische Prozesse in Bewegung setzen und ihnen angemessenen Raum schaffen. Naturgemäß erheben wir keinen Anspruch auf irgendeine Art von Vollständigkeit. Wir wollen Plausibilität nicht durch wissenschaftliche Beweiskraft erreichen, sondern durch denkerische Überzeugungskraft herstellen. In diesem Sinne haben abseitige und lose Texte ebenso ihre Berechtigung wie stringent argumentierende Textformen.

Es geht um ein schillerndes Kaleidoskop von Zeitbeobachtungen, um ein Sammelsurium von Vergangenem und Vorgefundenem, von Traditionellem und Experimentellem – ein Panoptikum, das die erwünschte und erhoffte Literatur unserer Epoche widerspiegelt.