20.240.731:1.035 Zum Archiv
Sommer liegt über dem See. Kinder spielen in Sandkästen unter den Birkenbäumen. Schilf bewegt sich leicht. Hitze nistet zwischen den Gräsern. Mit dem Kopf in der Bauchfalte ruhend, sieht er ihren Brüsten entgegen, die ein Versprechen geben. Er riecht ihren sonnengewärmten Körper und er fühlt sich heimisch, eingeschrieben, aufgehoben.
20.240.723:1.457 Zum Archiv
In ihrem Kopf irrlichtern Geschichten, wie Glühwürmchen in heißen Sommernächten im kühlen, nach lebendigem Moder duftenden Wald. Geschichten, über die sie viel gesprochen, aber die sie nie aufgeschrieben hat. Die am Ende in ihrer Summe eine mythische Geschichte erzählen könnten, die Grundlage ihrer Existenz. Kleine erzählte Reden auf das Blatt bringen, sie ohne Kommentare für sie und ihr Leben sprechen lassen. Vielleicht sollte sie sich an die Bilder halten, die unverfälscht und dennoch tausendfach bearbeitet in ihrem Kopf lagern, im Archiv ihrer Existenz, in der Registratur ihrer Selbstverwaltung und Selbstbeschränkung.
20.240.713:0.943 Zum Archiv
Es ist Zeit. Der Koffer muss gepackt werden. Die Untermieterin wartet schon im Kaffeehaus an der Ecke. Für die Wochen, in denen er sich in Polen aufhält, hat er eine Studentin aus Spanien gefunden, die sich in seiner Wohnung einlebt, während er sich in Warschauer Archiven durch Berge von Papier wühlen wird. Sie wird ihre Unterwäsche in seinen Schubladen lagern, ihren nackten Körper unter seiner Dusche reinigen und Männer in seinem Bett lieben.
Manches wird ihm fremd erscheinen, wenn er zurückkehren wird. So ist es immer, wenn er zurückkehrt in diese Wohnung.
Der Koffer ist schwer. Er schließt die Wohnungstür und steigt langsam die Treppen der vier Stockwerke nach unten. Es regnet leicht als er auf die Straße tritt. Das Kaffeehaus ist nur von wenigen Gästen besucht. Die junge Frau sitzt in der Ecke unter der großen Uhr, bei der die Sekundenzeiger seit Jahren still stehen. Sie winkt ihn zum Tisch heran. Sie ist schön. Er tritt zu ihr an den Tisch. Hola, sagt sie. Hallo, antwortet er. Mehr gibt es nicht zu sagen. Alles ist geklärt. Bevor er sich zu sehr in ihr Leben verstrickt, das sie in seiner Behausung nun führen wird, lässt er sie zurück und geht seiner Wege.
| [Zum Archiv 20.2406] | [Zum Archiv 20.2408] |