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Aus den Augenwinkeln sieht er von seinem Buch abwärts blickend eine Spinne an seinen Lehnstuhl heran kriechen. Sie spinnt einen Faden, der ihr als Brücke vom Terrassengeländer zum Lehnstuhl dient. Die Sonne steht bereits tief und er schließt die Augen. Er konzentriert sich auf die Geräusche, von denen er umgeben ist, weit entfernt hört er ein beschleunigendes Motorrad und näher ein Auto, das heranrauscht.
Ein Rauschen das kaum angekommen, wieder verklingt, als hätte es sich weit ab von allem, was noch zu hören ist, ereignet. Dazwischen das Zwitschern der Vögel. Ganz nah jedoch hört er das Zirpen der Grillen. Es ist ein beständiges Zirpen, ein langandauerndes, unausgesetztes Zirpen, das ihn in seiner Gleichförmigkeit ermüdet, aber in einer wohligen Form. Es ermattet ihn nicht wie die meisten Geräusche, die er über den Tag zu ertragen hat, die mit ihren Höhen und Tiefen sein Gemüt auf Trab halten.
Das Zirpen der Grillen ermüdet ihn, wie ein warmes Wannenbad, das er sich manchmal an Wintertagen gönnt und in das er steigt, in das er sich hineingleiten lässt, um seinen ausgefrorenen Knochen Erholung zu gewähren, ein solches Zirpen ist es, das er an diesem Sommerabend im Garten hört, als er die Augen schließt und alles, was noch an Geräuschen in der Welt ist, ausspart, nur für dieses langandauernde, unnachgiebige Zirpen, das ihn zu sich ruft und er gibt sich hin und schlummert in seinem Lehnstuhl ein.
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