20.210.515:0.729 Zum Archiv
Texte zur Ökonomie wiedergelesen. Smith und Marx/Engels. Hundert Jahre liegen zwischen der Erkenntnis, dass Arbeitsteilung und der Egoismus der Unternehmer den Wohlstand der Nationen antreibt, wie Adam Smith festhielt und der Erkenntnis, dass diese kapitalistische Arbeitsweise und psychopathologische Seelenlage der Unternehmer zur Verelendung weiter Teile der Bevölkerung geführt hat, wie Marx und Engels postulierten.
Zweihundertfünfzig Jahre nach Adam Smith glauben immer noch Menschen, dass das aufgeblasene Ego eines Elon Musk oder Jeff Bezos dem Wohle der Nationen dient. Ich denke, dass der Wohlstand des Einzelnen und auch der Nationen von der Kooperationsbereitschaft der Menschen und einem Rechtssystem, vor dem alle gleich sind, abhängen. Und unser Bildungssystem könnte, nein müsste, dazu beitragen, dass nicht der Egoismus des Einzelnen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht, sondern der kollektive Wille, der aus der Erkenntnis des Comunardenprinzipes erwächst, dass alle Menschen nach ihren Bedürfnissen und Möglichkeiten in der Welt leben können müssen, gleichberechtigt, von Geburt an, ohne Ansehen der Herkunft, des Geschlechts und der ethnischen Zugehörigkeit.
Wir wissen, dass Gerechtigkeit in unserer kapitalistischen Welt nicht zu haben ist, auch nicht dadruch, dass wir unseren Staat in einen ökosozialen Wohlfahrtsstaat verwandelt haben, denn auch in diesem Staat steht das wohl des psychopathischen Unternehmers, des verlorenen Ich, über den den Interessen der gerechten Verteilung von Ressourcen, Produkten und der Partizipation an den staatlichen Institutionen. Und da wir das alles in unseren Tagen wissen, sind wir moralisch in einer wesentlich schwierigeren Ausgangssituation als unsere Eltern und Großeltern, die sich in der Dummheit suhlen konnten, wie die Sau in ihrem Stall. Wir, die wir wissen und nicht handeln, sind nicht besser als die Mitläufer im Nazionalsozialismus oder die Generation, die im Wideraufbau das Wirtschaftswunder beförderten, als wäre ein Wunder schon genug, um den Wohlstand der Nationen zu befördern und damit den Wohlstand aller zu mehren.
Die größte Lüge unserer Zeit besteht darin, zu behaupten dass wir das Erbe unserer Vorfahren übernehmen könnten, ohne eine rvolutionäre Haltung, ohne den Erkenntnissen zu folgen, die uns die Aufklärung gelehrt hat und ohne die Mühe auf uns zu nehmen, unser Handlen radikal in Frage zu stellen, um den eigenen Wohlstand zu gunsten des Wohlstandes aller Gleicher unter Gleichen zu überwinden.
20.210.513:0.930 Zum Archiv
Mit meinem Strohhut erkunde ich den Sommer wie ein Föhnwind, der einen lauen Abend durch das Land treibt, und die Grillen zirpen mich in eine Fröhlichkeit, die mich an meine Jugendzeit erinnert und mich in Stimmung bringt, doch noch einmal ein Buch von Hesse aus dem Regal zu nehmen, den Camenzid oder schlimmer noch, das Perlenspiel. Doch ich hüte mich, vorschnell dem sentimentalen Begehren nachzugeben, denn ich weiß, was vor Jahrzehnten wie ein Aphrodisiakum meine Sein beflügelte, wäre heute eine Enttäuschung, denn die Sprache von damals würde mein Innerstes nicht mehr berühren.
20.210.511:0.930 Zum Archiv
Vor Tagen noch sangen die Vögel, als würde die Welt an ihrem Gesang hängen, wie die reifen Trauben an der Rebe, als könnten die Menschen in der Vielstimmigkeit ein Glück finden, sich darin einig sein, dass es Sinn macht, sich die Schnäbel wund zu reiben, ein Nest zu bauen und sich bereit zu machen, für die Aufzucht der zu erwartenden Brut.
Doch in Tagen wie diesen, wenn das Zirpen anhebt und das Singen verstummt, geben sie ihren Mut zur Traurigkeit, der sie durch den Winter brachte, an die Grillen ab, an das vielgestaltige Grün im Wald und den lauen Wind, der durchs Gebirge streicht, wie ein Heimatloser auf der Suche nach einem Stück Land, in dem er erwünscht und nicht nur geduldet wäre.
Und über allem ein Himmel, der ans Meer erinnert, an den Blütenrausch des Oleanders, an das Kommen und Gehen der Brandung, die ewig scheint, wie die Beständigkeit der Tage, die sich einschreibt, ein heilges Innehalten an jedem Ort zu jeder Zeit, wenn man nur den Mut fände, sich dem Zirpen der Grillen preiszugeben.
20.210.510:2.038 Zum Archiv
Was hätte aus mir werden können, wenn ich das Stück Mut, das seit meinen Kindertagen wie ein Häufchen Elend in mir hauste, mit der Verzweiflung, die ich seit meinen Jugendtagen nährte, an einen Tisch zum Gespräch gebeten hätte. Was hätte aus mir werden können, wenn ich mein Denken und mein Träumen zugelassen hätte, in ihren ursprünglichen Erscheinungsformen und nicht jeden Tag aufs Neue mich dem Leben angebiedert hätte. Was hätte aus mir werden können ...
20.210.505:1.503 Zum Archiv
Mitten im Frühling regnet der Tod in Form von Käfern vom Himmel, die ihr Monatsende im Namen tragen.
20.210.501:2.024 Zum Archiv
Nichts weckt meine Kindheit in mir zu neuem Leben, wie das Singen der Vögel an einem Frühsommertag im Mai. An Tagen wie diesen kann ich den Sommer nicht nur erahnen, sondern ihn bis in die Haarspitzen, bis in meine müde Knochen und bis in mein sentimentales Sehnen spüren.
[Zum Archiv 20.2104] | [Zum Archiv 20.2106] |