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Rede im Gemeinderat | 26. November 2009
Wortmeldung zur Frage Vizebürgermeister

Sehr geehrte Damen und Herren, hoher Gemeinderat, sehr geschätzte Beamtenschaft, sehr geehrter Herr Bezirkshauptmann Ing. Mag. Alois Lanz, sehr geehrter Herr Bürgermeister!

Ich erlaube mit eine kurze Wortmeldung zum Tageordnungspunkt 6: „Festsetzung der Anzahl der Vizebürgermeister“.Wir von der BürgerListe sind der Meinung, daß es in der Gemeinde mindestens zwei Vizebürgermeister geben sollte. Der zweite von der SPÖ vorgeschlagene: Wolfgang Peham ergibt sich zwingend aus dem vorliegenden Wahlergebnis vom 27. September 2009. Warum wir dieser Auffassung sind, möchte ich nun im folgenden kurz erläutern.

Zum Ersten: Lassen sie mich Ihnen noch einmal kurz das Gemeinderatswahlergebnis vom 27. September 2009 ins Gedächtnis rufen. Die Wahl selbst wurde von den beiden großen Parteien SPÖ und ÖVP als Lagerwahlkampf angelegt. Dementsprechend wurde damit die Wahlbeteiligung in die Höhe getrieben. Dies ist durchaus im Sinne der Erfinder der repräsentativen Demokratie, die ja davon lebt, daß möglichst viele Menschen ihr aktives und passives Wahlrecht, nicht nur in Gemeinden, sondern auf allen politischen Ebenen unseres Landes, ausüben. Wir von der BürgerListe begrüßten diese lebendige Wahlauseinandersetzung und waren froh darüber, daß ÖVP und SPÖ durch die Art wie sie ihren Wahlkampf geführt haben, eine hohe Wahlbeteiligung herbeigeführt haben. Dafür müssen wir den beiden Parteien nachträglich noch großen Dank aussprechen. Aus eben dem genannten Grund hat sich die BüberListe im Vorfeld der Kandidatur entschieden einen eigenen Bürgermeisterkandidaten ins Rennen zu schicken, um ihren Beitrag zur Belebung der politischen Kultur in St. Wolfgang zu leisten.

Das dieser Lagerwahlkampf (neben anderen gemeindespezifischen Gründen) natürlich tendentiell die großen Parteien begünstigt, weil es zu einer Mobilisierung von Kernwählerschichten der ÖVP und SPÖ führt, ist einsichtig und plausibel. Die szeigte schon allein die Tatsache, daß die FPÖ St. Wolfgang, die sich ja seit ein paar Tagen in einer Koalition mit der ÖVP befindet, gegen den Landestrend Stimmen verloren hat.
Wir sind der Meinung, daß sich Wahlergebnis und Wählerwille in einer Regierung und in den Organen einer politischen Struktur, und als solche sehen wir den Gemeinderat, wiederspiegeln sollte. Dies ist im Falle der Mandatsverteilung, der Besetzung des Vorstandes und der Ausschüße durch das d’Hontsche Verfahren festgelegt und kann nur in Nuancen verändert oder beeinflußt werden. Und das ist gut so.
Im Falle der Bestellung der Vizebürgermeister ist der Spielraum jedoch erheblich größer und auch dafür wären genügend Gründe anzuführen, warum dieser Spielraum demokratiepolitisch notwendig und richtig ist. Ich werde Ausführungen zu diesem Punkt zu einem späteren und geeigneteren Zeitpunkt nachholen. Die Wahl des Vizebürgermeisters oder besser gesagt der Vizebürgermeister und Vizebürgermeisterinnen ist der Vorgang der Bestellung laut Gemeindeordnung klar geregelt. Die politische Kraft dieser Wahl entfaltet sich aber erst, wenn vom Monopol eines einizigen durch die Mehrheitspartei bestellten Vizebürgermeisters oder einer Vizebürgermeisterin abgesehen wird und zur Bestellung von zwei oder drei Vizebürgermeistern oder Vizebürgermeisterinnen übergegangen wird.

In der Gemeindeordnung heißt es dazu in Paragraph 27, Absatz 3. Ich zitiere: Sind zwei Vizebürgermeister zu wählen, so ist der erste Vizebürgermeister von den Gemeinderatsmitgliedern der stärksten, der zweite Vizebürgermeister von den Gemeinderatsmitgliedern der zweitstärksten im Gemeinderat vertretenen Fraktion zu wählen.“

Der erste Vizebürgermeister steht der Mehrheitspartei zu und ist automatisch von der ÖVP zu bestellen. Wenn wir aber nun das Wahlergebnis der Bürgermeisterwahl zur Entscheidungsfindung heranziehen, ob es einen zweiten Vizebürgermeister Wolfgang Peham von der SPÖ geben soll, dann wird klar, daß es keinen politisch vernünftigen Grund (außer man will als Mehrheitspartei durch Bildung von Koalitionen seine Allmacht demonstrieren), diesem die Wahl zu verweigern.
Wie wir aus dem Wahlergebnis ablesen können, hat der amtierende und neue Bürgermeister und Landtagsabgeordneten Johannes Peinsteiner 29% der in der letzten Wahl gewonnen Stimmen eingebüßt. Mit 52% Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen seinen Bürgermeistersessel nur knapp gerettet. Der SPÖ Kandidat Wolfgang Peham hingegen schaffte aus dem Stand 43,4% der Stimmen. Hinzu kommt, daß in den Wahlsprengeln 2 und 3 die ÖVP und SPÖ in den gültig abgegebenen Stimmen gleich auf lagen. Nur durch das Wahlergebnis im Wahlsprengel 1 konnte die ÖVP ihren Vorsprung und ihre absolute Mehrheit im Vorstand und den Ausschüssen retten. Das d’Hontsche Verfahren begünstigt also auch in diesem Falle die Mehrheitsparteien.

Sollten die ÖVP und die FPÖ in der Wahl der Vizebürgermeister der SPÖ ihre Stimme verweigern, würde dies nicht nur von politisch schlechtem Stil zeugen, sondern auch eine Negation des am 27. September 2009 zum Ausdruck gekommen Wählerwillens entsprechen, denn im Gegensatz zum 1. Vizebürgermeister der ÖVP würde der 2. Vizebürgermeister von der SPÖ über ein klares Votum durch die Bürgerinnen und Bürger verfügen. Der Kandidat der ÖVP Josef Kogler wird zum Vizebürgermeister gekürt, weil das Gesetz der ÖVP dieses Recht einräumt. Hier gibt es offensichtlich kein d‘Hotsches Verfahren mehr. Auch über diese Eigenart, die Vor- und Nachteile, einer solchen gesetzlichen Regelung ließe sich trefflich diskutieren.

Ich stelle Ihnen nun eine rethorische Frage: Wer hat die stärkere demokratiepolitische Legitimation. Ein per Gesetz und Parteibeschluß bestellter Vizebürgermeister der ÖVP oder einer durch Volkswahl 43,4% bestätigter und durch den Gemeinderat bestellter Vizebürgermeister Wolfgang Peham?

ich denke, ich habe in meiner kurzen Wortmeldung klar gemacht, warum die BürgerListe der Meinung ist, daß es einen klaren Auftrag und eine klare Willensbekundung der Wählerinnen und Wähler für die Bestellung eines zweiten Vizebürgermeisters Wolfgang Peham gibt.

Natürlich wäre an dieser Stelle noch genügend Raum, um sich näher über die demokratiepolitischen Implikationen der Verweigerung eines Vizebürgermeisters Wolfgang Peham durch die ÖVP und FPÖ zu unterhalten. Eine Ablehnung wäre ein fatales Signal an die Bevölkerung. Es würde signalisieren: Wir von der ÖVP sind die regierende Partei und haben einen treuen Koalitionspartner, daher sagen wir, wo es lang geht, egal welche Wünsche es von Seitend er Bürgerinnen und Bürger noch geben könnte.

Da ich aber die Aufmerksamkeit unserer Gemeinderäte und unserer Gemeinderätin, der anwesenden Honoratioren, des Bezirkshauptmannes Ing.Mag. Alois Lanz und den Bürgerinnen und Bürgern von St. Wolfgang nicht über Gebühr strapazieren möchte, werde ich hier enden, aber nicht ohne eine wichtige Festlegung für die Zukunft zu treffen:
Diese kurze Stellungnahme sollte dem Gemeinderat als Anhaltpunkt dafür dienen, wie die BürgerListe in zukünftigen Gemeinderatssitzungen, in Ausschußsitzungen und allen anderen Gremien versuchen wird, ihren berechtigten Anliegen Geltung zu verschaffen und durch die Wahrung ihrer, durch die OÖ. Gemeindeordnung vorgegebenen Oppositionsrechte der Stimme jener Bürgerinnen und Bürger mehr Gewicht zu verschaffen, die sich von der regierenden Mehrheit nicht mehr vertreten sehen.


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