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Tagebuch 1979 | Montag, den 23. Juli 1979

Heute waren keine besonderen Vorkommnisse zu verzeichnen, außer die Überlegung über einen Film, den ich an diesem Tag gesehen habe. Es ging in diesem Film um die Indianer am Orinoko, welche in einer Art von Mischung von Ursprünglichkeit und Zivilisation leben. Die Ursprünglichkeit drückt sich in Form von Sitten und Gebräuchen aus, während die Zivilisation durch Missionare, die ihnen den r.k. Glauben einimpfen wollen, ausdrückt.

Dabei kam mir die Erinnerung an die Diskussin, die ich vor einem Jahr, als ich Gast im Religionsunterricht war, mit einem Missionar geführt habe. Der Missionar sagte zwar, daß es notwendig sei den kranken und notleidenden Menschen zu helfen, doch meiner Meinung nach hätte man das Volk, welches man versucht zu bekehren und welchem man versucht zu helfen, fragen sollen, ob es die Hilfe des weißen Mannes will, oder ob sie es vielleicht nicht sogar ablehnen. Deswegen glaube ich, daß die Handlungen, welche im Namen Gottes durchgeführt werden, nicht unbedingt gut und zum Wohle jenes Volkes sein müssen. Wie schon gesagt, gab es an dem heutigen Tag, außer daß es ein arbeitsfreier Tag war, nichts besonderes zu berichten.[1]


[1] Bereits in meinen ersten Tagebucheinträgen beschäftige ich mich mit mir bis heute wichtigen Themen. Mir war nie einsichtig, wie sich die miserablen Verhältnisse auf der Welt mit einem gütigen Gott und einer angeblich humanistischen Kirche vereinbaren ließen. Später gab mit Günther Anders eine theoretische Fundierung für meinen bereits damals ausgeprägten Atheismus, der sich nach einer längeren vergeblichen Suche nach Gott, schließlich in einen Agnostizismus verwandelte. [zurück]
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